Bilder einer Zukunft
Eine andere Welt ist möglich!
„Zukunftsbilder - Eine multimediale Reise ums Überleben“
Ein roter Doppeldeckerbus hält beim Aussichtspunkt „Terra Nova“ an der Abbruchkante der größten Braunkohlegrube Europas, dem Tagebau Hambach im Rheinischen Braunkohlerevier mitten in Nordrhein-Westfalen. Dem Bus entsteigen heute keine Tourist:innen, sondern das Publikum einer theatralen Busreise. Die drei Schauspieler:innen verkörpern in ihren futuristischen Gewändern, die mit echten Pflanzen bewachsen sind, die Reiseleitung aus der Zukunft und händigen den Zuschauenden ein Stück Braunkohle aus, um anschließend in einer Prozession aus 70 Personen unmittelbar an die Abbruchkante zu schreiten. Vor ihnen, im Licht des Sonnenuntergangs, erstreckt sich eine 6 km lange und 400 m tiefe Grube, aus der das beständige Dröhnen der riesigen Schaufelradbagger hinaus schallt. Die Schauspieler:innen machen es vor, heben die Hand und rufen: „Erst wenn ich akzeptiere, dass die alte Welt verloren ist, kann ich eine bessere aufbauen! Ich gebe dir ein Stück zurück von dem, was ich dir genommen habe!“. Dann werfen sie zusammen mit dem Publikum die Stücke Braunkohle in den Tagebau. Willkommen an der ersten Station der interaktiven Theaterperformance „ULTIMA RATIO - Eine Busreise aus der Zukunft“.
Theatrale Visionen für nachhaltige Transformation
„ULTIMA RATIO“ ist Teil der mehrjährigen Projektreihe “Zukunftsbilder - Eine multimediale Reise ums Überleben“ im Bereich der kulturellen Bildung für nachhaltige Entwicklung des Kölner Sommerblut-Kulturfestivals unter der Künstlerischen Leitung von Christoph Steć, ermöglicht durch die Förderung der Stiftung Umwelt und Entwicklung Nordrhein-Westfalen. Das Projekt bietet Raum, um mit künstlerischen Mitteln Visionen für die nachhaltige Transformation unserer Gesellschaft zu entwickeln und die globalen Umwälzungen der Klimakrise lokal erlebbar zu machen. Deshalb liegt der Projektschwerpunkt im Rheinischen Braunkohlerevier, einem der größten Transformationsregionen Deutschlands, und gibt dem Publikum mit einer Busfahrt die Möglichkeit, diesen Ort auch tatsächlich zu besuchen.
Die Projektreihe richtet sich auch an junge Menschen und begreift sich als Bildungsprojekt für nachhaltige Entwicklung. In diesem Rahmen finden - in Verbindung mit vor- und nachbereitenden Workshops - Vorstellungen für Jugendliche ab der 9. Klasse statt, in denen mit theaterpädagogischen Methoden lokale Anliegen in globale Zusammenhänge gebracht werden, um daraus positive Zukunftsvisionen zu entwickeln.
Kooperation mit den Scientists for Future (S4F)
Im Rahmen der Bildungsformate und der Stückentwicklungen setzen wir auf eine Zusammenarbeit mit Expert:innen aus der Wissenschaft: Wir kooperieren mit den Scientists for Future (S4F). Die S4F entstanden im Zuge der Fridays for Future-Proteste und sind ein interdisziplinäres Netzwerk von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die ihre Kompetenzen für eine nachhaltige Zukunft einsetzen. Die S4F arbeiten seit einiger Zeit an dem visionären Forschungs- und Bildungsprojekt „Zukunftsbilder – Wie leben wir 2040?“ (www.zukunftsbilder.net), welches zum Ausgangspunkt der künstlerischen und pädagogischen Auseinandersetzung der Projektreihe „Zukunftsbilder - Eine multimediale Reise ums Überleben“ wurde.
Unser Anliegen ist es, die wissenschaftlichen Erkenntnisse und positiven Zukunftsentwürfe der S4F mit unseren Möglichkeiten als Kulturschaffende vielen und diversen Zielgruppen nahezubringen. Dazu betreiben wir bewusst faktenbasierte Emotionalisierung. Aufbauend auf den wissenschaftlichen Prognosen des Projekts „Zukunftsbilder“ der S4F kreieren wir beispielsweise authentisch klingende Nachrichtensendungen aus der Zukunft, die von positiven Ereignissen auf dem Weg in eine nachhaltige Welt berichten: Umfassende Förderung von grünem Bauen 2025, vorzeitiger Kohleausstieg bereits 2027, schnellerer Solar- und Windkraftausbau bis 2030, Demokratisierung des politischen Systems bis 2035 etc.
Die Projektreihe „Zukunftsbilder - Eine multimediale Reise ums Überleben“ wäre ohne weitere Kooperationen und ein breites Netzwerk von verschiedenen Akteur:innen aus dem Umwelt- und Klimaschutz nicht denkbar. Seit Projektbeginn kooperieren wir neben den S4F mit der Kultur- und Naturstiftung Schloss Türnich, unserem Partner in der Region Rhein-Erft. Im erweiterte sich unser Kooperationsnetzwerk um das Hausmuseum Otzenrath, das Naturparkzentrum Gymnicher Mühle und die Facilitators for Future.
ULTIMA RATIO - Eine Busreise aus der Zukunft
Die theatrale Busreise “ULTIMA RATIO” wurde im Oktober 2022 und Mai 2023 aufgeführt. Sie erzählt eine Geschichte aus der Zukunft, in der es die Menschheit geschafft hat, die Umwelt- und Klimakrise zu bewältigen. Im Jahre 2187 leben die Menschen im sogenannten Symbiozän. Das ist eine Weltanschauung, die der australische Philosoph Glenn Albrecht konzipiert hat, in der die Erde mit allen Lebewesen, inklusive der Menschen, als Symbiose verstanden wird. Das Symbiozän stellt ein Gegenkonzept zum gegenwärtigen Zeitalter des Anthropozäns dar, in dem der Mensch durch seine ausbeuterische Lebensweise die ökologische Krise ausgelöst hat.
DURST - Die Zukunft des Wassers
Im April und Mai 2024 fand mit „DURST - Die Zukunft des Wassers“ ein neues Theaterprojekt im Rheinischen Revier statt (Regie: Christoph Steć, Ria Unverzagt). Die theatrale Reise nahm die Zuschauer:innen mit in eine Zukunftsvision, in der sich unser Umgang mit Wasser grundlegend gewandelt hat. Die Zeitreisenden aus dem Hydrozän besuchten das Publikum in der Gegenwart, um sie vor der Katastrophe zu warnen, die Eintritt, wenn das Wasser nicht geachtet wird. Die vier Zeitreisenden sensibilisierten für die Bedeutung von Wasser und die bevorstehende Knappheit durch die Klimakrise, ermöglichten den Zuschauenden eine sinnlich-ästhetische Verbindung mit Wasser, berichteten aus der Zukunft des Hydrozäns und luden ein, eigenen Visionen zu schaffen.
Die Entwicklung von DURST erfolgte in Kooperation mit Jugendlichen aus zwei Kooperationsklassen aus der Region. Die Jugendlichen ab der 9. Klasse, die selbst zur Zielgruppe des Stücks gehören, durften als Expert:innen ihrer Lebenswelt und als kritisches Publikum bei der Stückentwicklung mitwirken.
Die Bildungswebseite bilder-einer-zukunft.de
Die als Teil des Projekts ULTIMA RATIO entwickelte Bildungswebseite www.bilder-einer-zukunft.de greift die Zukunftsperspektive auf. Basierend auf den Zukunftsbildern der S4F wird dort eine positive Entwicklung für die drei Bereiche Mobilität, Wohnen und Ernährung bis ins Jahr 2045 erzählt. Die Webseite richtet sich explizit an junge Menschen. Ein Leitfaden für Lehrkräfte und begleitende Aufgaben laden dazu ein, die Webseite im Unterricht einzubinden, um eine Bildung für nachhaltige Entwicklung zu zu fördern, die den Blick auf wünschenswerte Entwicklungen richtet.
In der Projektreihe geht es nicht nur um die rationale Vermittlung von Wissen, sondern auch um einen ganzheitlichen Ansatz, der die emotionale Komponente unseres Wahrnehmens und Handelns mit einbezieht. Es geht darum, neue Beziehungen zwischen Menschen und der Natur auf allen möglichen Ebenen erlebbar zu machen, um damit letztendlich auch Veränderungen in der realen Welt zu erzielen. Viele junge Menschen sind gerne gewillt, sich an diesen Prozessen aktiv zu beteiligen, wenn ihnen die Möglichkeit gegeben wird, eine positive Rolle in der Transformation spielen zu können. Hier kann kulturelle Bildung für nachhaltige Entwicklung Wesentliches leisten, indem positive Zukunftsvisionen in Narrative überführt werden, die die Jugendlichen ermächtigen, zu aktiv Handelnden zu werden.
Positive narrative Zukunftsvisionen
Die Projektreihe nutzt ökozentrische Science-Fiction und kreative Workshops, um Menschen Werkzeuge in die Hand zu geben, mit denen sie ihre eigenen Zukunftsvisionen entwickeln können. Durch das Erleben von positiven Visionen und die aktive Gestaltung von alternativen Zukünften wird ein Raum geschaffen, in dem die Zuschauenden und Teilnehmenden erkennen, dass eine andere Welt nicht nur möglich, sondern auch erreichbar ist. Diese Ansätze fördern Selbstwirksamkeit und zeigen, dass jede Person einen Beitrag leisten kann. Um die Verantwortung aber nicht auf den einzelnen Menschen abzuwälzen, ist es für uns wichtig, den nachhaltigen Wandel innerhalb unserer fiktiven Zukünfte auch in der gesellschaftlichen und politischen Sphäre stattfinden zu lassen, da bei vielen jungen Menschen das Gefühl vorherrscht, dass sich durch politisches Handeln kaum positive Änderungen anstoßen lassen.
Die Reiseführer:innen aus der Zukunft im Stück ULTIMA RATIO wiederholen häufig den Gruß: „Eine andere Welt ist möglich!“ und halten sich so immer wieder vor Augen, dass nichts so bleiben muss, wie es ist. Um eine andere Zukunft möglich zu machen, muss diese andere Zukunft erst einmal als möglich gedacht und erlebt werden können. Mit den in der Projektreihe „Zukunftsbilder - Eine multimediale Reise ums Überleben“ präsentierten Visionen können diejenigen, die sich bisher keine positive und nachhaltige Zukunft vorstellen konnten, aktiviert und motiviert werden, sich in Veränderungsprozesse einzubringen. Die partizipativen Elemente des Theaterstücks fungieren als mögliche Erprobung von aktivem Einfluss auf die aktuelle Realität und schaffen in einem geschützten Raum mindestens eine persönliche Erweiterung des Vorstellungsrepertoires.
Die Projekte der Projektreihe “Zukunftsbilder - Eine multimediale Reise ums Überleben“ wurden gefördert von:
Stiftung Umwelt und Entwicklung Nordrhein-Westfalen
Regionales Kulturprogramm NRW
Ministerium für
LVR - Landschaftsverband Rheinland
Stiftung Kulturelle Erneuerung
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